Für die besagte Studie haben der Sozialwissenschaftler Petter Törnberg und die Politikwissenschaftlerin Juliana Chueri der Universität Amsterdam zwischen 2017 und 2022 insgesamt 32 Millionen Tweets von 8198 parlamentarischen Abgeordneten aus 26 westlichen Demokratien ausgewertet. Dabei wurden die auf den Tweets verlinkten URLs nach deren «factuality» (zu Deutsch: Faktizität, auf Fakten basierend) bewertet. Ziel war es, herauszufinden, ob gewisse politische Parteien oder Strömungen häufiger Fake News verbreiten als andere.
Dabei stellte sich heraus, dass radikale rechtspopulistische Politikerinnen und Politiker deutlich mehr Internetlinks mit fragwürdigen Informationen verbreiten als solche anderer politischer Gesinnungen.
Interessant ist dabei: Die Kombination von «rechts» und «populistisch» scheint entscheidend zu sein. Denn Parlamentarierinnen und Parlamentarier des rechten oder populistischen Spektrums, die nicht beides gleichzeitig sind, verbreiten laut Studie nicht mehr Fake News als solche des linken Spektrums oder der Mitte.
Oder, mit anderen Worten: Die Korrelation zwischen Populismus und Falschinformationen existiert nur, wenn man ins rechte Spektrum schaut. Linke Abgeordnete, die populistisch sind, verbreiten laut den Ergebnissen der Studie nicht mehr Falschinformationen als linke Abgeordnete, die es nicht sind. Wobei Populismus hier eine anti-elitäre Haltung beschreibt.
Warum ist das so? Zu dieser Frage liefert die Studie eine mögliche Erklärung. Der Populismus – links wie rechts – prangert gemäss Definition der Studie etablierte Institutionen und «Eliten» an. Doch während sich Linkspopulisten in ihrer Argumentation eher auf wirtschaftliche Ungleichheiten und damit auf eine Finanzelite fokussieren, bedienen Rechtspopulisten eher kulturelle und gesellschaftliche Ängste. Dazu gehören demnach die «Angst des Verlusts der nationalen Identität» oder die «der gesellschaftlichen Verrohung».
Und: Letztere können laut den Studienautoren Törnberg und Chueri deutlich besser mit Falschinformationen befeuert werden, als dies bei abstrakteren Konzepten wie der Ungleichverteilung von Vermögen oder Einkommen der Fall ist.
Doch wo eine Partei auf der rein wirtschaftspolitischen Links-Rechts-Achse positioniert ist, reicht laut Studie nicht aus, um zu erklären, warum ihre Mitglieder Falschinformationen verbreiten. Die verwendete Links-Rechts-Achse stellt hier nur die Wirtschaftspolitik der Parteien (und deren Mitglieder) dar – also die Themen Sozialstaat, Regulationen, Steuern und Staatsinvestitionen. Links bedeutet mehr davon, Rechts weniger.
Die Grafik unten zeigt jedoch einen deutlichen Unterschied zwischen linken und rechten Populisten: Informationen von Abgeordneten linkspopulistischer Parteien werden im Durchschnitt um 20 Prozentpunkte «wahrer» bewertet als jene von rechtspopulistischen Abgeordneten.
Auch zu sehen: Während rechte Parteien, die nicht populistisch sind, einen ähnlich hohen Faktizitätswert aufweisen, wie linke Parteien, die nicht populistisch sind, zeigt sich bei populistischen Parteien ein signifikantes Faktizitäts-Gefälle zwischen Links und Rechts.
Das vermehrte Verbreiten von Fake News unter Rechtspopulisten erklären sich Törnberg und Chueri vor allem mit der Radikalität der Rechtspopulisten. Diese, kombiniert mit der populistischen Ablehnung etablierter Institutionen, wie der westlichen Demokratie, führt eher dazu, dass unkonventionelle Mittel wie Desinformation eingesetzt werden, um politische Ziele voranzutreiben.
Die Studie untersuchte die Faktizität nicht nur entlang des wirtschaftspolitischen Links-Rechts- und des Populismus-Spektrums, sondern auch anhand der Parteienfamilien. Dafür stützt sich die Studie auf einen anderen Datensatz. Die Parteienfamilien wurden dabei anhand ihrer Position entlang einer wirtschaftlichen (Staat/Markt) und einer kulturellen (Freiheit/Autorität) Achse bestimmt. Dabei bilden sich acht Parteienfamilien, plus zwei Sonderfälle. Ebenfalls zu beachten: Ist eine Partei einmal einer Parteienfamilie zugeteilt, wird sie nicht mehr verschoben.
Das Ergebnis des Vergleichs: Von allen Parteienfamilien sind Rechtsaussen-Parteien (abgekürzt RR) klar diejenigen, deren Abgeordnete auf X, ehemals Twitter, am meisten Falschinformationen verbreiten. Sozialistische und kommunistische Parteiangehörige hingegen verbreiten am wenigsten Falschinformationen von allen Abgeordneten auf X.
Auch die konservative Parteienfamilie (Cons) weist im Median eine deutlich geringere Faktizität auf als alle anderen Parteienfamilien. Die Studienautoren führen dies auf die Annäherung zwischen konservativen und radikalrechten Partien zurück, die in den vergangenen Jahren stattgefunden hat. Beispiele für Parteien der konservativen Parteienfamilie sind die «Conservative Party» aus Grossbritannien oder Berlusconis «Forza Italia» aus Italien.
Die Studie zeigt klar, dass vor allem rechtspopulistische Parlamentarierinnen und Parlamentarier auf X überdurchschnittlich viele Falschinformationen verbreiten – eine Kombination aus rechter Ausrichtung und hohem Populismusgrad scheint dafür entscheidend zu sein.
Damit werden solche Informationen auch von den "sozialen" Medien durch die Algorithmen noch mehr gepusht. Diese Algorithmen verstehen dabei kein Wort von dem was sie pushen, sie messen nur das Userverhalten. Noch weniger können sie beurteilen, was wahr ist und was nicht.
Jetzt lassen wir noch zu, dass KI - die bar jeden Verstands und Verantwortung alten Müll "lernt" - neuen Müll ins Netz bläst. Limitiert allein durch Geld.
Guet Nacht.